Merkwürdige Museen – Das Zauberkastenmuseum

Wien beherbergt wohl einige außergewöhnliche Museen, die nicht nur von dem historischen und künstlerischen Wert einzigartig sind, sondern auch mit ihrem Sammelgebiet. Manche sind einmalig auf der Welt, so auch das hier vorgestellte Museum für Zauberkästen. Das Wort „merkwürdig“ ist somit in seiner doppelten Bedeutung zu verstehen – als überraschendes, ungewöhnliches Erlebnis, wie auch als zu merkender, empfehlender Hinweis.

Warum ich als erstes Museum in Wien überhaupt aber nun das Museum für Zauberkästen aufsuchte, dass lässt aber dann doch nach einer Begründung fragen. Zunächst ist die Antwort recht pragmatisch, das Museum hat nur einen Tag im Monat auf, jeden ersten Sonntag. So ist dieser Tag der einzige während meines Aufenthaltes hier, der einen Besuch ermöglichte. Doch das daraus folgende Moment ist eigentlich schöner. Was wäre ähnlicher zur Zauberei als Wien, das mit seinen Fantasien blendet, wo der Schein wichtig und das Vorgeben, etwas zu sein, usus ist? Wo sind Täuschung und Aufdecken sinnvoller zu betrachten, als in der Stadt der Psychotherapie, die hinter die Äußerlichkeit sehen will auf das Eigentliche der zu untersuchenden Seele? Und bevor man sich den vielfältigen Bildern der Stadt in den kommenden Wochen hingeben wird, ist ein vorausgehender Besuch im Reich der professionellen Illusionen doch recht hilfreich.

Der Zauberkasten sind ein verspätetes Produkt der Aufklärung. Waren Gaukeleien und damit verbundene Zauberkunststücke noch im Mittelalter auf den Jahrmärkten Alltag, verschwand letzteres in den Jahrhunderten der Hexenverfolgung, wo jegliches zunächst Unerklärliches und Magisches für die und den Betreffenden auf den Scheiterhaufen enden konnte. Erst als diesem durch rationales Denken der Boden entzogen wurde, konnte auch wieder gezaubert werden – welch schöne Dialektik! Im 19. Jahrhundert begann man dies nunmehr als Unterhaltung zu begreifen. Zeitgleich erschienen die ersten Zauberkästen, die nicht (nur) als Spielzeug für Kinder, sondern gerade zur Zerstreuung und Bildung Erwachsener gedacht waren, ja, sogar als Ausbildungswerkzeug für professionelle Künstler.

Herr Klaghofer, der Sammler und Inhaber des Museums, war in seiner Jugend selbst Zauberer, im  „Amateurstatus“, wie er versichert. Berufsbedingt musste er das Hobby aufgeben, erst im fortgeschrittenen Alter erinnerte er sich seiner Leidenschaft. Mittlerweile hat er weit über 3300 Stücke zusammengetragen und die damit weltweit größte Sammlung begründet. Nur ein kleiner Teil ist ausgestellt, allerdings bekommen in jährlich wechselnden Sonderausstellungen auch die sonst im Lager stehenden Objekte ihre Präsentation. Im Raum im Souterrain des Hauses sind sowohl die ältesten Exemplare aus dem 19. Jahrhundert wie auch ganz neue Entwicklungen zu sehen – heute gestaltet z.B. von Stars wie dem Duo Siegfried und Roy oder auch als Material für die Entwicklung wissenschaftlicher Neugier wie von der Sendung mit der Maus. Und alle möglichen Länder sind vertreten, ob Amerika, der spanischsprachige Raum oder Skandinavien. Doch eine Ehrenplatz nimmt das erste Stück seiner Sammlung ein, ein Zauberkasten, den ihm noch seine Mutter schenkte.

Eine Kindheitserinnerung kam in mir hoch, und Herr Klaghofer konnte sie mir bestätigen. Ich durfte ihn in sein Lager begleiten, zielsicher griff er in das Regal und holte drei Versionen des Kasten hervor, mit dem ich als Neun-, Zehnjähriger spielte. Ich erkannte, dass ich wohl die Juniorausgabe, die einfachste Version, besessen hatte. Was mir aber unbekannt war, ist die Tatsache, dass es nicht nur dieses „offizielle“ Spielset gab, sondern einige DDR-Zauberer Kleinserien eigener Originalität quasi unter der Hand selbst produzierten, aufgrund der Materialknappheit durchaus improvisiert und äußerlich in einfachen Pappkästen in wenigen Stückzahlen ausgeliefert. Herr Klaghofer hat seine Sonderausstellung des letzten Jahres dieser Geschichte gewidmet.

Thema der diesjährigen Sonderausstellung ist der „Mentalzauber“. Der Begriff wurde von den Amerikaner Joseph Dunninger für Zauberei geprägt, die vorgibt allein aus Gedankenkraft Dinge zu vollbringen und Wunder geschehen zu lassen. Den meisten wird da Uri Geller einfallen, der angeblich telepathisch Gabeln und Löffel in den Besteckschubläden zum Verbiegen brachte. Ich lerne, auch für diese PSI-Effekte gibt es Zauberkästen.

Ich gehe amüsiert und angerührt durch den Raum der Ausstellung, stelle mir die Kinderaugen vor, wenn unerklärliche Dingen vor ihnen geschehen, die Freude des Auspackens eines solchen Kasten zu Weihnachten, das Amüsement von kleinen Runden, wenn jemand aus dem Kreis die Kunststücke ausführt, aber auch das allgemeine Erstaunen und Raunen des Publikums in den großen Varietés. Was ist Trick und was ist Magie?

Am Ende bleibt ein Zitat des erwähnten Zauberers Dunninger stehen:

„Für diejenigen, die glauben,
ist keine Erklärung notwendig.
Für diejenigen, die nicht glauben,
wird keine Erklärung ausreichen.“

Servicelink: http://www.zauberkasten-museum.at/

Geöffnet jeden ersten Sonntag im Monat, 10:00 – 16:00 Uhr

Vielen Dank Herrn Klaghofer für seine Auskünfte!

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